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Münchner Merkur vom 14.07.2007:


LIVE-IMPROVISATION

Eine kreischende Möwenschar im Flug durch die Galerie

Die Improvisations-Musiker Gunter Pretzel und Andreas Paolo Perger
entführten ihre Zuhörer in bunte Klangwelten

VON NADINE MAFKE

Pasing — Eine kreischende Möwenschar, die durch die Lüfte fliegt, ein aufbrausender Sturm, der über dem Meer tobt, oder tausende von Regentropfen, die gegen das Fenster prasseln - ein jeder Besucher hatte wohl ganz eigene Bilder im Kopf, als er am Mittwochabend der bunten Klangwelt in der Pasinger Galerie Pich lauschte.

Unendlich viele Töne füllten den Raum, die meisten von ihnen frei, wild, ungezähmt. Ein musikalischer Abend, der Genuss, aber auch Überraschung bieten sollte - und das tat er allemal. „Pure and Surround - Live Improvisation“ mit Gunter Pretzel (Viola) und Andreas Paolo Perger (Gitarre) stand auf dem Programm. Doch wer an diesem Abend glaubte, klassische, vertraute Klänge zu hören, der irrte. Zwar kommt Pretzel aus dem Fach der klassischen Viola und Perger von der amerikanischen Gitarristen-Tradition, doch verführten sie die Zuhörer in ganz neue, faszinierende Klangwelten.

Die Musiker, beide erfahrene Akteure der freien Improvisation, benötigten dabei keine elektronische Verfremdung.

Ausgestattet mit seiner Viola, einem Mikrofon und Verstärker arbeitete Pretzel nur mit den Klängen, die das Instrument selbst ermöglicht. Doch fing der Musiker erst einmal zu spielen an, erinnerte kaum mehr ein Ton an das klassische Streichinstrument. Vielmehr brachte er mit seiner hoch entwickelten Spieltechnik die Viola an die Grenzen der Klangerzeugung.

Vom Rauschen, das in zarte Töne übergeht, zum vielstimmigen Orgelten bis hin zu Donnerwogen - alles war möglich. Mal strich Pretzel dabei sanft und langsam über die Saiten, doch schon in der nächsten Sekunde wurde er laut, schnell und schneller. Aufbrausend, aufwühlend, schräg und kratzig erklangen die Töne. Dazwischen waren es nur ganz kurze Momente der Stille, die der Musiker sich herausnahm, innehielt, um neue Kraft zu tanken.

Nach seinem Soloauftritt hatte die Viola ein paar Minuten Pause. Perger und seine Surround-Gitarre waren an der Reihe. Der Musiker verteilte die Töne jeder Saite auf einen eigenen Lautsprecher, mehr Elektronik benötigte auch er nicht. Gekonnt bearbeitete er seine Gitarre, zupfte, zog, strich die Saiten - seine Finger ununterbrochen in Bewegung.

Auch er entlockte dem Instrument Töne, die nur selten an die einer Gitarre erinnerten. Durch nichts als sich selbst wurden die Klänge groß und mächtig, zum Teil schwerfällig, dunkel und tief, dann verschwanden sie wieder, wurden leise, und klein. Mal glaubte man tanzende Regentropfen zu hören, dann wieder schien ein Donnergrollen vorüberzuziehen.

Durch ihre jahrelange intensive Beschäftigung mit dem freien, improvisierten Spiel pflegen die Musiker einen „spielerischen“ Umgang damit. Auch wenn sich mancher Zuhörer erst an die ungewohnten Klänge gewöhnen musste, gelang es doch, sich in diese bunte Welt hineinzuhören und immer offen zu bleiben für das Unerwartete.

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